Die Entstehung des Konzeptes

Forced Use - Intensivtherapie nach Utley / Woll ®

 

Die Entwicklung unseres Behandlungskonzeptes Forced use – Intensivtherapie nach Utley/Woll ® und dessen Philosophie begann in den 70er - Jahren, als Susan Woll und Jan Utley eine Ausbildung bei Karl und Berta Bobath absolvierten.

 

Die Bobath - Philosophie basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass betroffene Patienten nach erworbenen Hirnschädigungen die motorische Kontrolle wieder erlangen können. Grundlage dieser Erkenntnisse war, in den Behandlungen Bedingungen zu schaffen, die die Patienten zwangen, ihre betroffenen Körperteile einzusetzen. Dieser erzwungene Gebrauch (Forced use) ermöglichte normale Kraftparameter in der Muskulatur.

 

Zu dieser Zeit unterrichtete Jan Utley u.a. Neurowissenschaft an der Chicago Medical University in Chicago, USA. Durch ihre Studien und Untersuchungen wurde ihr immer offensichtlicher, dass durch die Neuroplastizität des Gehirns die Wiedererlangung der motorischen Kontrolle möglich ist. Ihr wurde klar, dass die Patienten unter Bedingungen üben mussten, die eine kortikale Reorganisation im Gehirn anstoßen.

 

Diese Erfahrungen brachten Jan dazu, in ihrer klinischen Praxis Ergebnisse aus der Forschung zur Neuroplastizität zu verarbeiten und anzuwenden. Bedeutende Wissenschaftler wie Dr. Paul Bach y Rita, Dr. Josephine Moore, Dr. Stanley Finger und Dr. Donald Stein haben sie damals entscheidend beeinflusst. Besonders die Forschungsergebnisse von Kendall, Schwartz und Jessel zur Neuroplastizität und der Genesung von neuronalen Strukturen, veröffentlicht in "Principles of Neural Science", wurden integriert. Es entstand eine enge Zusammenarbeit und parallel absolvierte Jan 1987 zusätzlich eine Ausbildung zum Bobath- Instruktor.

In den 90er - Jahren flossen außerdem die Forschungsergebnisse von Dr. Carolee Winstein, Dr. Steven Wolf und Dr. Eduard Taub in die klinischen Anwendungen für hirngeschädigte Patienten ein. Daraus wurden erste Behandlungsstrategien entwickelt, die verstärkt Forced use als Möglichkeit nutzten, um die Wiedererlangung der motorischen Kontrolle zu optimieren.

 

Susan Woll studierte und arbeitete zunächst als Physiotherapeutin. Während dieser beruflichen Tätigkeit war sie unzufrieden mit dem geringen Kenntnisstand und den begrenzten Behandlungsmöglichkeiten für neurologische Patienten. Sie entschied sich, in Europa zu arbeiten und ging in die Schweiz, in der Hoffnung, dort mehr Wissen und Erfahrungen in der Neurologie vorzufinden. Sie machte jedoch die gleichen Erfahrungen wie in den USA. Patienten überlebten einen Schlaganfall oder Schädelhirntrauma, aber es gab keine Behandlungsstrategien, die es erlaubten, motorische Kontrolle wieder herzustellen.

 

1973 absolvierte sie einen Kurs zur Behandlung von Erwachsenen mit Hemiplegie, der von Berta und Karl Bobath geleitet wurde. Für Susan war das ein Wendepunkt. Sie erlebte in Frau Bobath eine Therapeutin, die nicht nur an die Wiederherstellung der motorischen Kontrolle nach einer erworbenen Hirnschädigung glaubte, sondern auch eine Lehrerin, welche die Schaffung von wirksameren Behandlungstrategien entwickelte und praktizierte. Diesem Kurs folgten noch weitere mit dem Ziel, ihre eigenen Möglichkeiten zu erweitern und zu verbessern.

1981 traf Susan in Toronto das erste Mal auf Jan Utley, welche gemeinsam mit Isabelle Bohman einen Kurs für Fortgeschrittene zur Behandlung von Schlaganfallpatienten hielt. In beiden fand sie Lehrer, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wiederherstellung motorischer Kontrolle in neue Behandlungsstrategien integrierten. Außerdem belegte Susan einen Kurs bei den Bobath`s zur Behandlung von Kindern mit zerebraler Lähmung. Kurze Zeit später begann sie ihre Ausbildung zur Bobath - Instruktorin und assistierte in zahlreichen Kursen bei Jan Utley und Isabelle Bohman.

 

Daraus entstand die bis heute andauernde Zusammenarbeit mit Jan Utley. Sie kombinierten die Erkenntnisse des Bobath- Konzepts, des Forced use, der allgemeinen Hirnforschung und Techniken der Manuellen Therapie. Sie erkannten auch, dass die Behandlungen in funktionellen Positionen wie Stehen und Gehen durchgeführt werden müssen, um insbesondere das betroffene Bein oder den betroffenen Arm dabei zu benutzen. Sie schufen Aktivitäten, die dazu dienen, Tätigkeiten des täglichen Lebens zu bewältigen. Ihre Untersuchungen der motorischen Lernprinzipien und die diesbezügliche Forschung ließ sie erkennen, dass Massed practice (aufgabenorientiert) und Repetition (Wiederholungen) eine Voraussetzung für motorische Kontrolle ist.

 

Deshalb führten Susan und Jan 2002 in Los Angeles selbst ein Forschungsprojekt durch, in dem Forced use und häufiges Wiederholen von Bewegungen wesentliche Bestandteile waren. In diesem Projekt hatten alle Teilnehmer erhebliche motorische Dysfunktionen gegenüber früheren CIMT - Studien (Constraint Induced Movement-Therapie). Die Fortschritte der Patienten stiegen über die Stufen hinaus, die sie bis dahin durch herkömmliche Behandlungen erreicht hatten. Die Ergebnisse dieser Studie waren ein Beweis, dass selbst stark betroffene Patienten die motorische Wiederherstellung involvierter Körperteile erreichen können.

 

Damit wurden die jahrelangen Entwicklungen der Forced use – Intensivtherapie nach Utley/Woll ® praxisnah bestätigt, eine effektive und erfolgversprechende ambulante Rehabilitationstherapie bei der Behandlung von Patienten mit erworbenen Hirnschädigungen zu sein. Susan Woll und Jan Utley entwickelten schließlich 2006 eine Folge von Kursen, um Spezialisten für Forced use – Intensivtherapie nach Utley/Woll ® auszubilden.

 

2012 wurde IFUSA - International Forced Use Spezialist Association mit dem Ziel gegründet, dieses Behandlungskonzept für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen weiterzuentwickeln.